Vom Referent_innenRat
Zu Beginn des neuen Semesters hat die Studi-Zeitschrift UnAuf eine neue »Enthüllung« veröffentlicht. Der Titel des Texts lautet: »Wer die Fäden in StuPa und RefRat zieht – und was passiert, solange keiner hinschaut«. Er spielt mit den allgemein verbreiteten Vorurteilen über das, was ASten machen. Der lange Artikel, der an Fakten dünn ist, soll ein kritisches Bild des RefRat und Studierendenparlamentes vermitteln. Mehr oder weniger erfolgreich stellt der Artikel den RefRat als eine Clique miteinander verschworener Freund*innen dar, die sich Posten hin und her schieben und vor allem das Geld der Verfassten Studierendenschaft für sich behalten oder verschwenden wollen. Die UnAuf führt verschiedene Aspekte auf, die diesen Eindruck bestätigen sollen. Außerdem kritisiert sie, das einige Referenten schon mehrere Posten im Refrat hatten. Wir wollen zu den genannten Vorwürfen gern Stellung nehmen und gleichzeitig die Gelegenheit nutzen zu skizzieren und zu berichten, wie der Refrat und das Studierendenparlament arbeiten.
Zunächst also ein paar Basics. Die Studierenden der Humboldt-Universität wählen jedes Jahr das Studierendenparlament mit 60 Sitzen. Die Parlamentarier*innen kommen von verschiedenen Listen, derzeit ca. 15, und wählen die Referent*innen in den RefRat. Von diesem Verfahren wird in den Fällen abgewichen, in denen Referate konkrete Interessengruppen bzw. Communities vertreten sollen. In diesem Fall werden die Referent*innen von der jeweiligen Vollversammlung gewählt und vom StuPa bestätigt. So weit, so demokratisch. Die konkreten Verfahren und wie all dies zu Stande kommt, sind im Berliner Hochschulgesetz, in der Satzung der Studierendenschaft und weiteren Ordnungen geregelt. Es gibt seit vielen Jahren viele verschiedene Leute, die sich engagieren, um die Arbeit der Verfassten Studierendenschaft (VS) am Laufen zu halten.
Wie sieht nun die Arbeit der Referent*innen aus? Natürlich gibt es verschiedene Referate die unterschiedliche Aufgaben und Arbeitsschwerpunkte haben, gleichzeitig bemühen wir uns aber seit Langem unsere Aufgabenteilung gemeinschaftlicher zu gestalten, weil sonst vieles an Einzelpersonen hängen bleibt. Für die Arbeit im RefRat ist es dabei sinnvoll, dass es Leute gibt die schon etwas länger dabei sind und die Erfahrung im Bereich Hochschulpolitik mitbringen. Wir sind im RefRat aufeinander angewiesen und müssen kooperativ arbeiten um den Laden am laufen zu halten. Gäbe es hier nur Leute, die gerade frisch angefangen haben, im hochschulpolitischen Bereich zu arbeiten, würde das die Arbeit erheblich erschweren und eine Wissens- und Erfahrungsweitergabe wäre nicht mehr möglich. Eine normale RefRat-Woche bedeutet für uns mindestens 10-20 Stunden Arbeit, dazu kommt die permanente Mailbearbeitung.
Wie steht es um die Aufwandsentschädigung, die die Referent*innen bekommen?Die arbeitsintensiven Kernreferate erhalten pro Monat eine pauschale Aufwandsentschädigung von 735€. Die Kernreferate sollten mit zwei Personen besetzt sein, macht für die Einzelpersonen also 367,50€. Das Finanzreferat stellt eine Ausnahme dar. Da bekommt seit 2013 jede Person 551,25€. Alle anderen Referate erhalten einen halben BaföG-Satz und sind derzeit auch oft mit zwei Leuten besetzt, jede Person erhält dann also 183,75€.
Mit der Summe von jährlich 114.000€, die die UnAuf nennt, wird versucht zu suggerieren, dass es hier um eine riesen Menge Geld geht, die sich ein paar wenige Leute untereinander teilen. Zur Zeit gibt es 25 Referent*innen im RefRat, fünf Wahlvorstandsmitglieder und fünf Präsidiumsmitglieder. Bei 35 Leuten und zwölf Monaten in einem Jahr ergibt das eine durchschnittliche Summe von 270 € pro Person pro Monat. Das klingt dann wesentlich weniger spektakulär. Es stimmt auch nicht, dass die Referent*innen Lohn für ihre Arbeit erhalten. Wäre das der Fall müsste man viele von uns besser bezahlen, da wir, die Aufwandsentschädigung als Stundenlohn gemessen, unter Mindestlohn arbeiten.
Wie kann nun so eine Woche praktisch aussehen? Der ehemalige Referent für Lehre und Studium, ein Amt, das auch der im Artikel harsch kritisierte Sascha lange Zeit inne hatte, kann berichten:
»Montag findet eine Sitzung der Komission für Lehre und Studium statt, drei Stunden lang werden Studien- und Prüfungsordnungen diskutiert und wir machen uns durch das Bestehen auf Einhaltung basaler Rechtsnormen unbeliebt. Am Dienstag findet, nach zwei Stunden Beratung, die mitunter emotional belastend ist, Plenum im RefRat statt. Das sind weitere drei Stunden Sitzung, die auch mal bei weitem weniger friedlich und einfach ablaufen, als sich UnAuf Redakteur*innen und manche StuPa Listen das vorstellen. Wir werden alle einzeln gewählt, von verschiedenen Mehrheiten im StuPa, und haben entsprechend unterschiedliche Standpunkte. Am Mittwoch findet die anwaltliche Sprechstunde statt. Diese beginnt um 15 Uhr mit der Verteilung der Wartenummern und kann bis 22:30 Uhr dauern. Das passiert in Zeiten, in denen unsere Uni besonders viele Leute besonders schlecht behandelt. Es kann auch noch später werden. Die Fälle, die den Anwalt erreichen, sind zudem noch besonders kompliziert. Fast nichts an dieser Beratung ist Routine. Wenn wir Pech haben, hat eine Ratsuchende oder ein*e von uns unterstützte Kläger*in am Donnerstag schon um 9:00 Uhr einen Termin beim Verwaltungsgericht. Um informiert zu sein und um emotionalen Beistand zu leisten, begleiten wir auch mal Leute dahin. Freitag ist um 9:00 Uhr die Sprechstunde des Immatrikulationsbüros. Vielleicht braucht jemand Hilfe und bittet um Begleitung. Solche Wochen gibt es nicht immer. Aber es gibt sie.«
Diese Arbeit ist nämlich die, auf die wirklich niemand schaut. Die UnAuf erwähnt Beratungen als Tätigkeit der Referate beiläufig, als sei diese Arbeitswoche selbstverständlich. Sie hat auch kein Interesse daran, eine Recherche über die Willkür in Prüfungsausschüssen oder die unsozialen Aspekte vieler Studienordnungen zu machen. Lieber werden Referent*innen, amtierende oder ehemalige, diffamiert und der RefRat als eine machtvolle Instanz dargestellt, der es nur um Selbsterhaltung gehe. Bei dem kleinsten Hinschauen sollte allerdings klar werden, dass es uns um die Herstellung einer (hochschul-) politischen Situation geht, in der diese Selbstausbeutung nicht mehr notwendig ist, weil sich die Bedingungen der Studierenden wirklich verbessert haben. Davon sind wir aber weit entfernt.
Die Vorstellung, Referent*innen würden sich aus irgendeinem anderen Grund als aus Überzeugung so etwas lange antun, ist ein Schlag ins Gesicht vor allem für die Leute, die für die Arbeit im RefRat teilweise ihr Studium ruhen ließen oder andere Möglichkeiten des Einkommenserwerbs ausgeschlagen haben.
Alles in allem ist die Arbeit im RefRat nämlich eine vergleichsweise undankbare Tätigkeit. Professor*innen und das HU-Präsidium sehen uns nicht selten als den inneren Feind an der Uni. Wir sind angehalten, uns parteiisch für diejenigen Studierenden einzusetzen, für die eine Uni, unsere Uni, sich keine Zeit nimmt und keine Empathie entwickelt.
Der UnAuf, die immerhin auch behauptet, für Studierende zu sprechen, hat dieses Interesse anscheinend nicht und diskreditiert unsere Arbeit durch ihren suggestiven Artikel. Sie versucht unter dem Schlagwort »Transparenz« etwas ans Tageslicht zu tragen, was öffentlich stattgefunden hat und schriftlich veröffentlicht wird und behauptet einfach, es gäbe dabei etwas zu verstecken. Die Sitzungen von RefRat und StuPa finden eben öffentlich statt und genau dort sowie in den Fachschaftsvertretungen wird, öffentlich nachvollziehbar, über die Verwendung von Geldern und andere Anträge verhandelt.
Gleichzeitig steht dem RefRat ein Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung (so zum Beispiel zum diskutieren, wie wir mit den Anschuldigungen umgehen) zu und auch die Personalangelegenheiten sind aus datenschutzrechtlichen Erwägungen nicht-öffentlich (so wie überall anders auch). Die Forderung nach Transparenz erscheint uns daher eher als Ausdruck einer gewissen Faulheit, die sich darin ausdrückt, ein paar Mal im Jahr im StuPa Information darüber zu fordern, wie Geld ausgegeben wird. Die Antwort, die regelmäßig kommt, wird dann aber scheinbar nicht ernstgenommen: Jede Frage zur konkreten Verwendung von Geldern ist, innerhalb bestehender gesetzlicher Rahmen (Datenschutz vor allem) vom Finanzreferat zu beantworten, das alle Ausgaben tätigt. Es werden, vom StuPa beauftragt, regelmäßige Wirtschaftsprüfungen durchgeführt (die Berichte sind im Finanzreferat einsehbar). Das Finanzreferat beschäftigt sich mit jedem Euro und mit den Antragsteller*innen und bietet zwei Sprechstunden an. Dass weder die UnAuf, noch die im Artikel genannte empörte Liste »Power of Science« es je für notwendig erachtet haben, dort mit Fragen vorbeizuschauen, deutet wohl auf Desinteresse ihrerseits und nicht auf Intransparenz von unserer Seite hin.
Gehen wir noch auf ein paar weitere Punkte ein:
Das StuPa verfügt nicht direkt über 780.000€. Diese Summe wird häufig genannt, weil der Haushalt der verfassten Studierendenschaft in etwa diesen Umfang hat, sie stimmt aber nicht, denn die Fachschaften, sozusagen die basisdemokratische Organisationen auf Instituts- oder Studiengangs-Ebene, haben den Anspruch auf ein Drittel davon. Weiterhin ist durch die existierenden Stellen vor allem im Sozialberatungssystem ein weiterer Teil des Gesamtbetrag als Personalkosten gebunden. Über den Haushalt wird geschrieben, dass der Fluss der Gelder im Titel »Veranstaltungen« nicht nachvollziehbar sei. Für welche konkrete Veranstaltungen es tatsächlich ausgegeben wird, kann aber gar nicht im Haushaltsplan stehen, da dies nicht der Sinn eines Haushaltsplans ist, der vor Beginn des Jahres verabschiedet wird.
Er soll den Rahmen festlegen, in dem sich die demokratisch legitimierten Gremien der Verfassten Studierendenschaft bewegen. Um »den Weg des Geldes im Einzelfall« zu verfolgen, müsste man auf jeden Beschluss jeder Fachschaft, des RefRats, des StuPas, jeder studentischen Initiative mit eigenem Budget usw. schauen. Das wäre mühsam. Ist aber in keiner anderen öffentlichen Institution anders (und in den meisten, zum Beispiel an der Humboldt-Universität, so gut wie unmöglich). Alle diese Gremien tagen öffentlich. Um diese Arbeit zu übernehmen, wird, so wie die Uni eine Haushaltsabteilung und ein Vize-Präsident für Haushalt hat, ein Referat für Finanzen gewählt, das Ausgaben und Erstattungen prüft und tätigt.
Der UnAuf schien es – wie gesagt – nicht interessant, mit diesem zu reden. Ihr war es wichtiger, den Eindruck zu vermitteln, man könne Geld sinnlos ausgeben, statt zu erklären, wie es zu jeder Ausgabe kommt: auf Beschluss eines demokratisch legitimierten Gremiums in der Verfassten Studierendenschaft ; auf Grundlage von gesetzlichen Bestimmungen, und einer strikten Kontrolle unterliegend.
In dem Artikel wird darüber hinaus darauf hingewiesen, dass RefRat-Wahlen nicht angekündigt würden. Darüber wurde in StuPa und RefRat oft diskutiert und dazu gibt es verschiedene Meinungen. Eine Meinung ist, dass jede Einladung zu einer StuPa Sitzung und jede Ankündigung zu einer Sitzung zugleich die Ankündigung zur Wahl aller Referate ist. Denn im Gegensatz zu sogenannten Koalitions-ASten werden Referate im RefRat kontinuierlich gewählt und jede*r kann jederzeit dazu stoßen. Es ist ein Beispiel für die besondere Offenheit der studentischen Vertretung an der HU. Man kann es anders sehen. Aber jede explizite Einladung zur Wahl eines konkreten Referates würde den Eindruck erzeugen, diese würde sonst nicht stattfinden. Das wäre ein falscher Eindruck.
Desweiteren beschweren sich die Journalist*innen, die Termine für die Ausländer*innenvollversammlung, FrauLesbenTrans*Vollversammlung usw. würden nicht an alle knapp 40.000 Studierenden der HU verschickt. Abgesehen davon, dass das nicht gemacht werden muss, und dass es der jeweiligen organisierten Community obliegt, wann und wie sie zu ihren Veranstaltungen einlädt, werden alle Termine der Vollversammlungen auf der Webseite des entsprechenden Referats veröffentlicht. Es besteht, wie überall in der Politik, nicht nur eine Bringschuld, sondern auch eine Holschuld.
Auch der Abschnitt über das Referat für Antifaschismus zeigt sehr gut, wie suggestiv die UnAuf arbeitet. Selbstverständlich gab es keine Personalunion (und erst recht keine doppelte Auszahlung von Aufwandsentschädigungen). Dies ist aus den StuPa-Protokollen klar ersichtlich. Es wird aber suggeriert, dass der ehemalige Referent, dessen angebliche Unehrlichkeit im ganzen Absatz Thema ist, etwas zu verstecken haben könnte. Da gibt es aber nichts. Das Referat für Antifaschismus war bis zur Neuwahl unbesetzt. So einfach ist die Welt manchmal.
Auch die Unterstützung der Refrat-Struktur, die der ehemalige Referent in seiner Bewerbung anführt, wird von der UnAuf diskreditiert. Am Anfang diesen Jahres musste der RefRat vom Hauptgebäude in die Ziegelstraße ziehen, ein aufwendiges Unterfangen. Die Kommunikation mit Umzugsunternehmen und zahlreichen Unistellen, das Kämpfen für einen Vertrag, der uns die Rückkehr in die alten Räume sichert und die Kommunikation mit den zahlreichen Initiativen die vom Refrat abhängen waren damals extrem viel Arbeit. Diese übernahm damals zu einem großen Teil der Antifa-Referent.
Kommen wir zum Schluss. Die Antwort, auf die am Ende des UnAuf-Artikels gestellte Frage, wer zwei von den langjährig Aktiven davon abhalten solle, weiter ihre Arbeit zu tun ist eine ganz einfache. Das können selbstverständlich die Wähler*innen selbst, denn, ob die UnAuf es glaubt oder nicht, so funktionieren demokratische Institutionen. Geheime Mächte dort zu finden, wo keine sind, ist keine journalistische Leistung, sondern zeigt nur, womit die UnAuf arbeitet: Polemik und Populismus. Wir im RefRat und StuPa haben bessere Kritiker*innen und die Studierenden der HU einen besseren Journalismus verdient.