| von Elio Nora Hillermann |
Dass sich geschlechtliche und sexuelle Identitäten in einer immer im Wandel begriffenen Gesellschaft nicht starr definieren lassen, sollte eigentlich linker, queerfeministischer Konsens sein. Dennoch kommt es, auch in innerlinken und innerhalb von queeren Diskursen, immer wieder zur falschen und essentialisierenden Annahme, dass diese fix in das Individuum festgeschrieben wären.
Wir leben in einer Zeit, in der Identitäten hart umkämpft sind, in der bestimmte Identitäten wieder und wieder angegriffen werden, gleichzeitig aufgebrochen und sichtbar werden, andere sich aber regressiv verhärten und hasserfüllt andere abwerten und ausgrenzen. Was sich nur schon an dieser kurzen Beschreibung zeigt, ist die Tatsache, dass Identitäten verschiedenen Formen der Veränderung unterliegen. Um diese soll es hier gehen, und zwar im spezifischen Fall queerer sexueller und geschlechtlicher Identitäten. Ich möchte die Frage stellen, wie Wandel und (vermeintliche) Konstanten in diesem Kontext zu verstehen sind, und dies insbesondere am Beispiel von Detransitionen diskutieren. Im Grunde geht es mir um eine Annäherung an diejenigen gesellschaftlichen Dynamiken, die versuchen, unsere Identitäten zu fixieren und die eben deshalb überwunden gehören.
The Basics: Geschlecht als soziale Praxis
Geschlecht ist ein soziales Konstrukt. Das ist der Minimalkonsens, der sich in der feministischen Theoriebildung etabliert hat.1 Die Geschlechtsidentität einer Person wird von unglaublich vielen verschiedenen Aspekten bestimmt: Sie wird durch Rollenbilder, Kultur, Rechtsprechung, wissenschaftliche Diskurse, ökonomische Dynamiken, ideologische Bilder und vieles mehr konstituiert. Gemein haben all diese Dinge, dass sie im Kern soziale Praktiken umschreiben, die sich in unterschiedlichen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens abspielen. Hierin spiegelt sich Judith Butlers bekannte These, dass es sich beim Geschlecht – und auch bei der Sexualität – letztendlich um etwas handelt, was performativ2 durch soziale Praktiken hergestellt wird.3 Ein weiterer wichtiger Punkt, der in der spezifisch queerfeministischen Theorie inzwischen ein Gemeinplatz ist, geht ebenfalls auf Butler zurück: Nicht nur gender (die soziale Dimension von Geschlecht) sondern auch sex (die biologische/anatomische Dimension von Geschlecht) werden maßgeblich von gesellschaftlicher Praxis bestimmt.4 Letzteres geschieht beispielsweise in medizinischen Diskursen, die immer auch von gesellschaftlichen Aushandlungen und Normen beeinflusst sind. Geschlecht ist also nicht von anatomischen Merkmalen abhängig, sondern diese Merkmale erfahren in den Diskursen eine vergeschlechtlichte Konnotation.
Wenn wir nun vor diesem Hintergrund über die Frage nach Konstanten und Wandel geschlechtlicher und sexueller Identitäten nachdenken, muss gefolgert werden, dass diese ständigem Wandel unterliegen, da sich gesellschaftliche Praxis konstant verändert. Letztere wiederum ist abhängig von materiellen Bedingungen im weitesten Sinne – was jedoch nicht bedeutet, dass vergeschlechtlichte und sexuelle Praktiken in einer Form von Notwendigkeit vorbestimmt sind. Mit Butler lassen sich Geschlecht und Sexualität so denken, dass normierte Praktiken durch Individuen reproduziert werden, aber eben deshalb auch ‚falsch‘ – im Sinne von nicht der Norm entsprechend – reproduziert werden können.5 Auch insofern sind sie ständig im Wandel und vor allem veränderbar.6 Geschlechtist also eine dynamische, nicht fixierbare Angelegenheit, in der Subjekte sowohl produziert werden, als auch ihr eigenes Geschlecht und ihre eigene Identität konstant neu reproduzieren.
Rainbow Essentialism
Die hier nur skizzierte Perspektive auf Geschlecht und Sexualität ist nun aber leider bei Weitem nicht so normalisiert, wie wir es uns aus einer queerfeministischen, linken Perspektive wünschen würden. Selbst in vielen queeren Kontexten und vor allem in medialen oder kulturellen Darstellungen von queeren Lebensrealitäten und Biographien werden Geschlechtsidentität und Sexualität häufig als feststehende Eigenschaften von Personen repräsentiert. Die medial-kulturelle Inszenierung des coming out zeigt dies sehr gut: Sei es in Bezug auf Sexualität oder Geschlechtsidentität, die Art und Weise, wie outings von queeren Menschen abgebildet werden, legt allzu oft nahe, dass jede Person eine wahre Geschlechtsidentität bzw. Sexualität hat. Zugestanden wird zwar, dass diese teilweise unterdrückt wird oder nicht ausgelebt werden kann, sie bleibt aber die geschlechtliche oder sexuelle Identität der betreffenden Person. Das coming out erscheint so als einmaliges Ereignis und wird als solches kulturell und gesellschaftlich reproduziert. Dabei sind natürlich Prozesse, in denen queere Menschen ihre häufig als Andersartigkeit erlebte Identität akzeptieren und öffentlich machen, unglaublich wichtig und richtig. Die häufig hinter diesen Narrativen liegende Annahme einer fixen Geschlechtsidentität oder Sexualität jedoch ist falsch und irreführend. Denn im Grunde ist diese Vorstellung nichts anderes als ein regenbogenfarbener Essentialismus7, bei dem Geschlecht und Sexualität nicht mehr an biologische Merkmale geknüpft sind, dafür aber an eine abstrakte beziehungsweise als psychisch verankert verstandene stabile Identität. Die Konsequenz davon ist, dass queere Personen sich der Erwartungshaltung ausgesetzt wiederfinden, dass sich ihre geschlechtliche bzw. sexuelle Identität, einmal ‚offenbart‘, nicht mehr ändern kann beziehungsweise darf. Und so entstehen neue Normen rund um vermeintlich stabile Identitäten, welche teilweise von derjenigen community mitproduziert werden, die eigentlich den Anspruch an sich hat, gegen die starren Normen der Mehrheitsgesellschaft ein safer haven zu sein.
Let’s Talk About Detransitions, Baby
Ein Beispiel, an dem diese Problematik besonders deutlich wird, ist das Phänomen der Detransitionen. Dabei handelt es sich um Prozesse, in denen Personen, die eine Transition8 gemacht haben, zu einem späteren Zeitpunkt merken, dass das Geschlecht, welches mit der vorgenommenen Transitionangestrebt wurde, nicht (mehr) der er- bzw. gelebten Geschlechtsidentität entspricht.9 Je nachdem werden dann im Rahmen der medizinischen Möglichkeiten und je nach Wünschen der betroffenen Person körperliche und soziale Veränderungen rückgängig gemacht beziehungsweise erneut verändert. So werden beispielsweise begonnene Hormonbehandlungen abgebrochen oder der Zivilstand erneut geändert. Ein großes Problem ist, dass Detransitionen sehr häufig von transfeindlichen Positionen aus als Argument gegen angemessene beziehungsweise gut zugängliche medizinische Versorgung für trans Personen vorgebracht werden, insbesondere in Bezug auf Kinder und Jugendliche. Aus rechter, konservativer, aber auch liberaler Perspektive und insbesondere für viele TERFs10 ist nämlich die Tatsache, dass einige trans Personen detransitionieren, ein Grund, bei jeder trans Person in Frage zu stellen, ob die Person ‚wirklich‘trans sei, beziehungsweise auch trans ‚bleiben wird‘. Die (teils auch nur vermeintliche) Unumkehrbarkeit bestimmter medizinischer Schritte wird dabei als Gefahr inszeniert und instrumentalisiert. Dabei ist die diskursive Fokussierung auf Detransitionen massiv überproportional, denn unter allen Personen, die eine Transition durchlaufen, sind nur unglaublich wenige, die später detransitionieren. Um ein Beispiel zu nennen: Eine in Frankfurt über 10 Jahre durchgeführte Bestandsaufnahme zeigt, dass von knapp 700 Personen, die eine rechtliche Transition nach dem TSG11 machten, weniger als ein Prozent das Verfahren revidierte.12 Global geführte Studien in Bezug auf medizinische Eingriffe kommen hierbei zu ähnlichen Ergebnissen.13 Diese Zahlen werden aber im öffentlichen Diskurs unter den Tisch gekehrt, und es wird stattdessen mit aufgeladenen Emotionalisierungen von Detransitionen, bei denen Personen ihre Entscheidung bereuen, Stimmung gegen die Selbstbestimmung von trans Personen gemacht. Diese Dynamik wird insbesondere auch aus radikalfeministischen beziehungsweise lesbisch-separatistischen Positionierungen heraus angeheizt.14 Der Einfluss dieser Rhetorik auf politische Entscheidungen führt dazu, dass die medizinische Versorgung von trans Personen voll von Hürden ist, die für betroffene Personen eine extreme Belastung darstellt.
Ein grundlegender Fehler dieser ganzen diskursiven Mobilmachung ist, dass ein falsches Verständnis von geschlechtlicher Identität vorausgesetzt wird: Nämlich, dass es die eine Geschlechtsidentität gibt, und dass es eben deshalb strenger Auflagen bedarf, um sicherzustellen, dass auch nur diejenigen Personen, die ‚wirklich‘ trans sind, das ‚Risiko‘ unumkehrbarer Maßnahmen eingehen. Interessanterweise ist dieses Bild gar nicht so verschieden von dem bereits angesprochenen, welches auch in vielen queeren Kontexten reproduziert wird: Die Geschlechtsidentität von trans Personen darf um keinen Preis in Frage gestellt werden. Dabei ist natürlich nicht das Problem, dass konsequent die Selbstwahrnehmung von Personen Priorität vor allen anderen Perspektiven hat – denn dies ist für eine emanzipative queere Position unabdingbar. Das Problem ist, dass häufig angenommen wird, jede Person hätte ihr Leben lang nur eine Geschlechtsidentität, die sie selbst irgendwann erkennt und dann feststeht. Aus diesem Grund, und sicherlich auch deshalb, weil das Phänomen der Detransitionenso sehr von transfeindlicher Rhetorik vereinnahmt ist, wird es von linken, queerfeministischen Positionen allzu oft umschifft: Lieber nicht über das sprechen, was die Gefahr birgt, gegen uns verwendet zu werden. Dabei ist es unglaublich wichtig, über genau diese Biographien mehr zu sprechen – auch deshalb, weil gerade sie so viel über die Transfeindlichkeit unserer Gesellschaft aussagen.
Ein sehr gutes Beispiel für eine realitätsnahe, einfühlsame und zugleich humorvolle Darstellung einer Detransitionist der Roman Detransition, Baby von Torrey Peters.15 In dem Buch geht es um Reese, eine trans Frau, ihre/n vorherige/n Partner/in Ames/Amy und Katrina, Ames’ Chefin und Liebhaberin. Als Katrina unerwartet von Ames, der zuvor als trans Frau mit dem Namen Amy lebte, schwanger wird, sieht Ames eine Chance, wieder zu Reese zu finden. Mit ihr hatte er Jahre zuvor eine durch seine Detransition ins Wanken geratene lesbische Beziehung geführt, die für ihn der einzig wirkliche familiäre Rückhalt war. In Rückblenden wird Ames’ Geschichte erzählt, wobei deutlich wird, dass Ames seine Entscheidung zu detransitionieren und wieder als Mann zu leben nicht deshalb gefällt hat, weil er sich irgendwie über seine Transweiblichkeit ‚geirrt‘ hatte und nun wieder seine wahre Geschlechtsidentität wiedergefunden hätte. Der Hauptgrund für seine Entscheidung war die harte Tatsache, dass er die gesellschaftliche Gewalt, die mit einem transweiblichen Auftreten einhergeht, schlicht nicht mehr ausgehalten hat. Damit wird eine Dimension von Detransitionenartikuliert, die in der transfeindlichen Rhetorik um sie vollständig ausgeblendet wird: Die Tatsache, dass Geschlechtsidentität eng verknüpft ist mit gesellschaftlichen Macht- und Gewaltverhältnissen und dass Transitionen das Ausgesetztsein gegenüber diesen Verhältnissen enorm verstärken. Dies zeigt sich ganz konkret darin, dass die Mehrzahl all derjenigen Personen, die detransitionieren, als Grund dafür äußere Umstände angibt.16 Ein weiterer Aspekt, der deutlich macht, dass in den meisten Fällen Personen nicht ‚fälschlich‘ transitionieren, sondern sich später dazu gezwungen sehen, zu einem cis-passing17 zurückzukehren, wird darin deutlich, dass die Anzahl von trans Frauen, die detransitionieren, eindeutig höher ist, als die von trans Männern.18 Denn wie sich am zwar fiktionalen, aber der Realität sehr nahen Beispiel von Ames’ Detransition zeigen lässt, führt die hypervisibility19 von trans Frauen und die Transmisogynie, die damit einhergeht, nicht nur zu enorm hohen Suizidraten bei trans Frauen, sondern eben auch zu höheren Zahlen bei Detransitionen.
Diese traurige Dimension führt zurück zu der anfangs formulierten Perspektive, nach der Geschlecht und Sexualität eine zutiefst gesellschaftliche Angelegenheit sind und ständigem Wandel unterliegen. So unterliegt auch Ames’ Geschlechtsidentität im Laufe der Geschichte einer Veränderung, die für ihn insbesondere deshalb eine große Herausforderung ist, weil er sein Verhältnis zu seiner gesellschaftlichen Rolle immer wieder neu ausloten muss. Er wird nämlich nicht ‚einfach‘ wieder zu einem Mann, und damit sind alle Probleme gelöst. Dies zeigt sich auch darin, dass er nicht seinen deadname20wieder annimmt, sondern von ‚Amy‘ zu ‚Ames‘ wird. Denn es bleibt bei ihm ein starkes Unbehagen in Bezug auf seine Männlichkeit, auch wenn er sich dafür entschieden hat, diese primär zu performen. Ähnliche Erfahrungen schildern auch Aktivist_innen, die detransitioniert haben, sich aber explizit transinklusiv positionieren und ihre Detransition nicht politisch gegen die Selbstbestimmung von trans Personen mobilisieren.21 So formuliert Eli Kappo – Biolog_in, Schriftsteller_in und Aktivist_in – in einem Interview beispielsweise, dass er die eigene Detransition nicht als Rückkehr zu einem vorherigen Zustand versteht, sondern als Übergang zu einem neuen Geschlecht – und trägt dabei ein T-Shirt mit Mondphasenprint und der Aufschrift IT‘S JUST A PHASE.22 Die doppelte Koketterie trifft ins Schwarze. Denn über queere Identitäten wird immer noch und immer wieder von der Mehrheitsgesellschaft hinweggegangen, als ob wir aus Dysphorie & Co. schon wieder rauskommen würden, wenn wir uns nur genug zusammenreißen. Und weil es genau das im Kern ist: Gerade weil unser Geschlecht eine Frage von materiell verankerten Praktiken ist, werden wir immer in Phasen stecken, werden wir uns immer wieder verändern – und die Gesellschaft mit uns.
Now What?
Geschlechtliche und sexuelle Identitäten sind also ständig im Wandel und als queere Subjekte stecken wir in diesen Veränderungen immer auf die eine oder andere Art und Weise mit drin. Aber es gibt aber auch Dinge, die bleiben. Nun könnte angebracht werden: Ja, unsere Körper sind beständig über die Zeit hinweg, sie bleiben. Und unumkehrbare medizinische Eingriffe bleiben. Und ja, das tun sie (beide). Aber dies sind nicht die Konstanten, die in unseren sexuellen und geschlechtlichen Identitäten eigentlich so zentral sein sollten. Denn dies würde wiederum biologische Konstanten an unsere Identitäten binden – eine Vorstellung, die zutiefst transfeindlich ist und von der wir wegkommen müssen. Dass körperliche Veränderungen unumkehrbar sind, ist nämlich überhaupt nicht das Problem. Das Problem ist, dass die Navigation unserer Körper in der Gesellschaft von der Gesellschaft so häufig zur Hölle gemacht wird und Menschen nicht ertragen, wenn sich unsere Körper und unser Auftreten anders verändern, als es der Norm entspricht. Entsprechend ist wohl die primäre Konstante queerer, sexueller und geschlechtlicher Identitäten die Abweichung von der Norm sowie das Unbehagen und die Gewalt, die damit einhergehen. Was wir hieraus mitnehmen sollten, ist, dass wir in unseren queeren Netzwerken sowie in öffentlichen Diskursen mehr über Prozesse wie jene der Detransitionen sprechen und dieses Feld nicht regressiver Rhetorik überlassen sollten. Denn diese Geschichten erzählen so viel von unseren alltäglichen Herausforderungen, Ängsten und Gewalterfahrungen. Und sie sagen so viel darüber aus, wie Geschlecht und Sexualität gesellschaftlich produziert werden – und von uns. Wir sollten mehr darüber sprechen, auch wenn diese Prozesse Angst machen können. Denn wo sich geschlechtliche und sexuelle Identitäten ändern, verändern sich immer auch zwischenmenschliche Beziehungen, welche die Basis sind, auf der viele von uns überleben können. Also geht es darum, queere Beziehungsweisen einzugehen, die unsere ständigen Veränderungen auffangen, begleiten und in etwas Wertvolles, Schönes, Bereicherndes verwandeln.
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1 Vgl. Hanna Meissner (2008) : „Die soziale Konstruktion von Geschlecht – Erkenntnisperspektiven und gesellschaftstheoretische Fragen“, in: gender…politik…online, Internet-Portal des Fachbereichs Politik- und Sozialwissenschaften der Freien Universität Berlin, S. 2.
2 Der Begriff der Performativität kommt ursprünglich aus der Sprachphilosophie und umschreibt das Phänomen, dass Sprache bzw. einzelne Sprechakte als Handlungen verstanden werden können. Butler nimmt diese Dimension von Sprache auf und argumentiert, dass Geschlecht durch vergeschlechtlichte performances hervorgebracht wird, womit unterschiedliche Dimensionen des vergeschlechtlichten Handelns, Auftretens, Sprechens etc. gemeint sind.
3 Vgl. Judith Butler (2007) [Orig.: 1990] : Gender Trouble: Feminism and the Subversion of Identity, New York: Routledge, S. 34.
4 Vgl. ebd., S. 10.
5 Vgl. ebd., S. 23.
6 Das ist die Dimension der Veränderbarkeit, die bei Butler im Begriff der Subversion Ausdruck findet. (Vgl. ebd., S. 127)
7 Unter Essentialismus wird allgemein die Vorstellung verstanden, dass es bestimmte Eigenschaften gibt, die ein Subjekt wesentlich ausmachen und unveränderbar sind. Essentialismus ist damit die klassische Gegenposition zum Konstruktivismus, der Eigenschaften maßgeblich als aus gesellschaftlichen Verhältnissen resultierend betrachtet.
8 Unter Transition wird im Kontext queerer Identitäten der Prozess verstanden, in dem trans Personen von einem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht sozial bzw. rechtlich und/oder körperlich bzw. medizinisch zum eigenen oder neuen Geschlecht übergehen.
9 Vgl. den Glossar-Eintrag zu Detransitionen der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e.V. (dgti), online unter: https://dgti.org/2022/02/09/jenny-wilken-detransition-fakten-und-studien-9-2-2022/#_ftn29 (letzter Zugriff: 30.11.2022)
10 TERF steht für trans exclusive radical feminist und ist eine Bezeichnung für diejenigen ‚feministischen‘ Positionen, welche trans Personen häufig mit dem Argument der Verteidigung von Frauen oder angeblich feministischer Anliegen ihre Selbstbestimmung oder sogar Existenzberechtigung absprechen.
11 Transsexuellengesetz‘: die in Deutschland (noch) geltende rechtliche Grundlage für Zivilstandsänderungen und Zugänge zu medizinischer Versorgung für trans Personen. Das TSG stützt sich auf die pathologisierende, von der WHO in der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) geführte Bezeichnung ‚Transsexualismus‘ (F64. 0) und reproduziert damit die Vorstellung von Transidentität als ‚Krankheit‘.
12 Vgl. Amanda Beser: „Detransition und das Recht auf Selbstbestimmung“, Siegessäule, 27.10.2021, online unter: https://www.siegessaeule.de/magazin/detransition-und-das-recht-auf-selbstbestimmung/ (letzter Zugriff: 30.11.2022)
13 Vgl. Sara Danker et al. (2018): „Abstract: A Survey Study of Surgeons’ Experience with Regret and/or Reversal of Gender-Confirmation Surgeries, Plastic and Reconstructive Surgery“, in: Global Open, Vol 6, Nr. 9, S. 189.
14 Für einen Eindruck hierzu reicht es, sich auf der Webseite der Emma die Beiträge mit dem Schlagwort ‚Detransition‘ anzusehen.
15 Torrey Peters (2021): Detransition, Baby, New York : One World/Penguin Random House. Auf Deutsch: Torrey Peters (2022): Detransition, Baby, Berlin : Ullstein.
16 Jack L. Turban et al. (2021): „Factors Leading to ‘‘Detransition’ Among Transgender and Gender Diverse People in the United States: A Mixed-Methods Analysis“, in: LGBT Health, Vol 8, Nr. 4, S. 276f.
17 Der Begriff des passings bezeichnet das Phänomen, bei dem Personen von anderen Menschen als ein bestimmtes Geschlecht gelesen werden. So gibt es beispielsweise männliches passing, weibliches passing, androgynes passing u.s.w. Unter cis passing wird spezifisch verstanden, dass eine trans Person als einem der binären Geschlechter zugewiesen gelesen und für cisgeschlechtlich gehalten wird. Dieses Konzept ist kritisch zu betrachten, da hierbei das (cis) Umfeld einer trans Person über ihr jeweiliges passing entscheidet.
18 Valeria P. Bustos et al. (2021): „Regret after Gender-affirmation Surgery: A Systematic Review and Meta-analysis of Prevalence, Plastic and Reconstructive Surgery“, in: Global Open, Vol. 9, Nr. 3, S. 11.
19 Hypervisibility meint in diesem Fall das mit der gesellschaftlichen Normabweichung zusammenhängende disproportionale Auffallen im öffentlichen Raum.
20 Unter deadname wird der einer trans Person bei Geburt zugewiesene Name verstanden, der von der Person im Zuge einer Transitionabgelegt und durch einen neuen Namen ersetzt wird.
21 Vgl. dazu die Blogeinträge von Ky Schevers sowie im deutschsprachigen Kontext den Blog she’s in detransition von Eli Kappo. Online unter https://kyschevers.medium.com/ bzw. https://shesindetransition.wordpress.com/ (letzter Zugriff: 30.11.2022)
22 Trans meets Detrans – Daria Majewski & Eli Kappo, 16.08.2021, online unter: https://www.youtube.com/watch?v=e60lIlPXe1M (letzter Zugriff 30.11.2022)