| Smilja Petrović |
I.
gestern hat mir jemand eine kippe
geschenkt, weil ich so bemitleidenswert
aussah. da ist er wieder.
„es gibt kein leben, das besser wäre.“
ich kappe den gedanken, löse ihn auf,
um nicht wieder ins drehkreuz zu
gelangen. um nicht darin zu rennen –
II.
etwas raum zur kontrolle,
pulverförmig, mehr
wollen wir doch gar nicht – doch dann
wieder ganz woanders.
„die präsentationsform ist nicht die
richtige“, sagten sie.
na gut, das weiß ich selber. aber ich
verstehe die formen nicht. was
vielleicht in den nüchternen augen steht
und was sie kommunizieren. das
anordnen –
und dann reden sie wieder so viel.
wo soll das hinführen;
mein gehirn läuft gesteuert, auf antrieb,
die synapsen schießen und trotzdem
ist da
so wenig.
wie kann das funktionieren, buchstaben
zu brechen
in kalten, harten seminarräumen.
das ewige gespräch um das draußen
und die bezüge. ich kann es einfach
nicht mehr hören.
III.
du siehst: die klappen gehen nicht
zu, die roten fäden ziehen sich
nach hinten, zum ort der müdigkeit.
hinter den blutunterlaufenen augen
durchbreche ich die ebenen, renne stetig,
– aber eigentlich müsste ich fallen,
denn da ist säure
unter meinen schuhsohlen;
auf der suche nach dem bedeutungsvoll
großen im innern:
„irgendwo, ganz unten,
muss das richtige doch liegen.“
IV.
die straßen verlaufen fließend wenn
wir uns durch die gassen schleppen und
alles was leuchtet ist zu viel, die
müdigkeit ist grell und warm und wenn
ich glühe
ist sie unertragbar. im dunkeln zerschneiden uns
die blitze der nervosität: das ist der rauch
den wir riechen wenn der reiz
seinen bezug verliert.
die luft wirft sich gegen unsere körper,
bis wir endlich zuhause angekommen sind
und von dort an nur noch leise im bettlaken
zergehen. wenn wir uns selbst in den
boden ziehen und es sich von neuem
anfühlt wie fall und aufprall gleichzeitig.
wenn jede verbindung wegbricht
und alles zum selben sumpf wird
– auch wenn wir
genau das nicht wollten –
weil es uns in diesem moment letztendlich
aber egal geworden ist.
wir wollen das leben, das wir
schauspiel nennen müssen, schließlich
auch nicht beenden.
IV.
ach, verdammt
ich will kein bett der welt, der schlaf
rennt mir hinterher wie
ein gedanke, der sich stetig am
nächsten aufhängt und kettenartig
verläuft, wie ein karussel.
vielleicht bitte ich kafka um hilfe,
vielleicht findet er den prozess,
vielleicht findet er einen anderen
gedanken als den falschen:
„es gibt kein leben, das besser wäre.“
V. was kann die konsequenz bedeuten?
irgendwie müssen wir entkommen
aus diesem kreis –
irgendwie müssen wir uns
das gottverdammte genick brechen.
VII.
epilog
(sie sehen: die klappen gehen nicht zu,
die roten fäden ziehen sich
nach hinten, das ist der verzweifelte ort
der müdigkeit.
es geht darum, uns der profitlogik zu
unterwerfen, um uns notwendig in
schubladen zu stapeln –
wir wollen entkommen, kurzfristig.
aber am nächsten tag geht das karussel
von vorne los. dann ist es egal, was es
bedeutet: es artikuliert sich kein
widerstand im eskapismus, keiner im
phantasma. zu pulver zerrieben wurde
der gleiche, unwürdige alltag; zur norm
gesetzt als genau das, was wir kennen:
das übliche theaterstück.)