KURDISCHER FEMINISMUS? – HUch #98

| Jinên Xwendekar ên Berlin |

EIN INTERVIEW ÜBER DIE JINEOLOJî IN KURDISTAN

Wen feministische Emanzipation interessiert und wer sich gleichzeitig durch den klassichen Feminismus nicht abgebildet fühlt, sollte sich mit der holistischen empanzipatorischen Wissenschaftsphilosophie Jineolojî beschäftigen. Die Jineolojî kann ein Weg sein, patriachale Wissensbestände herauszufinden und sich gleichzeitig voel ursprünglicher mit dem Frausein auseinandersetzen.

Wir von den Jinên xwendekar Berlîn (kurd. für „studentische Frauen Berlin”) haben uns für diese Ausgabe der HUch mit einer Freundin der Jineolojî-Akademie unterhalten und sie gefragt, was Jineolojî (dt. „Wissenschaft der Frau und des Lebens“) ist und wie diese Philosophie im Kontext der Kurdischen Freiheitsbewegung einzuordnen ist. Spätestens seit der Revolution im Iran und in Rojhilatê Kurdistanê (dt. Ostkurdistan, im iranisch besetzten Gebiet) nach dem Femizid an der jungen Kurdin Jina Amini ist der Slogan „Jin, Jiyan, Azadî” (dt. „Frau, Leben, Freiheit”) viral gegangen. In dem Interview schauen wir uns an, warum dieser Slogan innerhalb der Jineolojî und der Kurdischen Freiheitsbewegung insgesamt im Zentrum steht und wie eine Gleichung „Frauenbefreiung gleich gesellschaftliche Befreiung” über die Grenzen Kurdistans hinaus eine alternative gesellschaftliche Perspektive bieten kann.​​​​​​​

Die philosophische Betrachtung von Jineolojî bietet einen anspruchsvollen Rahmen zur Analyse der komplexen Interaktionen zwischen Geschlecht, Macht und gesellschaftlichen Strukturen. Jineolojî, als eine Form der „Frauenwissenschaft”, geht über die traditionellen Grenzen der Geschlechterforschung hinaus und widmet sich einer umfassenden Untersuchung der historischen und gegenwärtigen Mechanismen der Unterdrückung und Emanzipation. Die Kernfrage von Jineolojî liegt in der Rückbesinnung auf die Ursprünge menschlicher Gesellschaftsstrukturen: Wie konnte eine einst egalitäre Ordnung in patriarchale, staatliche und kapitalistische Systeme übergehen? Diese Fragestellung impliziert eine kritische Reflexion der historischen Prozesse, die zur Entstehung patriarchaler Strukturen geführt haben, und lädt dazu ein, die gegenwärtigen Verhältnisse in einem neuen Licht zu betrachten.

1. Was ist Jineologî?

„Jineolojî ist sowohl ein Ergebnis als auch ein Anfang. Der Begriff Jineolojî setzt sich aus den Wörtern „Jin”, dem kurdischen Wort für „Frau”, und Logos”, dem griechischen Wort für „Lehre” zusammen. Das Wort Jin” ist sehr nah an dem kurdischen Wort „Jiyan” (Leben) oder auch „Hevjiyan” (Zusammenleben) dran. Es ist sowohl ein Ergebnis der Entwicklung der kurdischen Frauenbewegung als auch der Beginn von Antworten auf die Widersprüche und Probleme der modernen Gesellschaft, der Wirtschaft, Gesundheit, Erziehung, Ökologie, Ethik und Ästhetik. Im Zuge der Vertiefung der Frauenbefreiungsideologie wurde diskutiert, dass revolutionäre Prozesse der Veränderungen auch eine wissenschaftliche Grundlage benötigen. Die Sozialwissenschaften haben sich zwar mit diesen Themen befasst, unterliegen aber dem machthabenden Herrschaftssystem und haben die anstehenden Themen verfälscht, vor allem die Beziehungen zwischen Frauen und Männern. Aus diesem Grund schlägt die Jineolojî eine neue Analyse für diese Themenfelder vor – sie beschäftigt sich mit den Fragen und Diskussionen, wie ein freies Leben aussehen kann. Abdullah Öcalan schlug erstmals in seinem 2008 veröffentlichten dritten Band seiner Verteidigungsschriften mit dem Titel „Soziologie der Freiheit” die Entwicklung der Jineolojî vor. Dieser Vorschlag wurde dann in der Frauenorganisierung und auch in der Guerilla diskutiert und schließlich umgesetzt. 

Die Jineolojî wurde entwickelt, um neue wissenschaftliche Methoden zu finden, um das herrschende, patriarchale Wissenschaftsverständnis infrage zu stellen, und gleichzeitig die Erfahrungen, Geschichten und Wissen aus der Perspektive der Frau für Lösungsansätze im alltäglichen Leben zu sammeln.

Mit dem Aufschwung der kurdischen Frauenbewegung hat sich die Jineolojî seit 2011 im Mittleren Osten und in Europa verbreitet. Heute verbinden sich Tausende von Frauen aus verschiedenen Kulturen und mit unterschiedlichen Hintergründen mit dieser neuen Wissenschaft.”

2. Was ist die Geschichte der Jineologî? 

„Ich habe schon gesagt, dass die Jineolojî erstmals 2008 von Abdullah Öcalan in seiner 3. Verteidigungssschrift vorgeschlagen wurde. Aber eigentlich geht die Geschichte der Jineolojî noch viel weiter zurück – sie ist die Geschichte der kurdischen Frauenbewegung. 2011 wurde schließlich das erste Jineolojî-Komitee auf der PAJK-Konferenz ins Leben gerufen. Leyla Agiri hatte dabei eine zentrale Rolle in dem Aufbau der Jineolojî-Arbeiten.

Zuletzt hat die kurdische Freiheitsbewegung mit der Jineolojî eine neue Stufe des Widerstands eröffnet, auf der sie in den Bereichen von Kunst über Religion bis hin zur Philosophie eine Neubewertung aller von der Frau geraubten Werte vornimmt und diese der Gesellschaft wieder zurückgibt. Die Jineolojî verfügt über ein Potential, das allen Frauen auf der Welt die Grundlage für einen gemeinsamen Kampf bieten. Die Vorreiterrolle dafür spielt heute die kurdische Frauenbewegung.”

3. Können wir von einem Feminismus sprechen? Wie unterscheidet sich Jineologî von Feminismus?

„Jineologî ist keine Alternative zum Feminismus, sie ist auch kein kurdischer Feminismus und wir wollen den Feminismus auch nicht loswerden. Das ist klar. Von Anfang an analysierte die kurdische Frauenbewegung die Widersprüche der kurdischen Gesellschaft und begann diese mit einem Frauenkampf anzugehen. Bei der Erforschung feministischer Bewegungen sehen wir, dass wir gewisse Teile des Feminismus übernehmen können, davon lernen und darauf aufbauen. Aber die kurdische Gesellschaft und die Gesellschaften des Mittleren Ostens können nicht allein durch den Feminismus verändert werden. 

Der Feminismus stammt aus den westlichen Frauenbewegungen und ist die Summe von vielen Theorien und Ideen. Jineolojî ist jedoch eine Sozialwissenschaft. Sie ist ein Teil unserer Ideologie – es sind die Arbeiten, die das Paradigma auf allen Ebenen, der Demokratie, der Ökologie und der Geschlechterbefreiung verfeinern.

Die Jineolojî hat den Anspruch, die fehlenden Teile des Feminismus aus den Erfahrungen der zahlreichen bisherigen feministischen Bewegungen sowohl tiefgründig zu analysieren als auch zu füllen. Der Feminismus hat bereits sehr starke Erkenntnisse gewonnen, die die Jineolojî bestärken. Im Grunde ist die Jineolojî ein starker Ausdruck der Notwendigkeit der umfangreichen Analyse des Patriarchats. Sie zeigt uns sehr deutlich, wie sehr das Patriarchat allem erdenklich Menschenverachtenden zu Grunde liegt. Global gesehen zeigt sich patriarchale Gewalt in sehr unterschiedlichen Formen. Diese Tatsache kann jedoch nicht davon wegtäuschen, dass der Feind in jedem Winkel der Welt der Gleiche ist: Nämlich die patriarchale Ideologie. Wenn der Feind also der Gleiche ist, warum begegnen wir ihm dann so unterschiedlich? Warum kämpfen wir getrennt und nicht zusammen? Diese Fragen stellen wir uns in der Jineolojî.

Die feministischen Bewegungen haben in den letzten 200 Jahren viele Kämpfe errungen und wissenstheoretische Studien erbracht, die uns bis heute noch sehr beschäftigen. Unsere Kritiken und kritischen Auseinandersetzungen bauen auf großem Respekt für alle bisherigen, bereits umgesetzten feministischen Kämpfe. Eine wesentliche Frage, die sich der westliche Feminismus ganz dringend stellen muss, ist, weshalb sich das patriarchale System bisher nicht erfolgreich besiegen ließ. Es ist unschwer zu beobachten, dass viele feministische Bewegungen sehr eurozentristisch und daher nicht gerade unfrei von patriarchalen Mustern sind. Es ist daher unweigerlich, dass sie sich der Macht des kapitalistischen Systems und der patriarchalen Mentalität ungewolltermaßen beugen würden.

Viele Feministinnen sehen die Verbindung zwischen dem Dreieck Patriarchat, Kapitalismus und Nationalstaat nicht. Wenn sie die Einzelteile dieses Dreiecks zerbrechen, brechen (bekämpfen) sie ihren Feind einzeln. Was dann passiert, ist, dass einige Männer gegen den Kapitalismus und Nationalstaat kämpfen, aber das Patriarchat als Teil des Problems übersehen. Oder einige Feministinnen sehen nur das Patriarchat als Problem, aber nicht, wie diese Mentalität mit dem Staat und dem Kapitalismus zusammenhängt. Auch als internationalistische Frauen, die mit den Methoden der Jineolojî arbeiten, müssen wir uns fragen, was unsere Rolle darin sein kann. Wie hat uns der Feminismus, und auch der Orientalismus, darin geprägt und was sind die Lehren, die wir daraus ziehen? Das ist ein ständiger Prozess.”

4. Welche Rolle spielt die Formel Jin, Jiyan, Azadî” in der Jineologî? 

„Jin, Jiyan, Azadî ist nicht nur ein Slogan, sondern ein Manifest, eine Philosophie des Lebens, der Befreiung und des Widerstandes. Die tiefergehende Bedeutung von Jin Jiyan Azadî resultiert aus Jahrzehnten an Erfahrungen in der Befreiungsbewegung der kurdischen Frauenbewegung.

„Jin“ bedeutet im Kurdischen ‚Frau‘, und das kurdische Wort ‚Jin‘ hat dieselbe Wurzel wie ‚Jîn‘ und ‚Jiyan‘, die ‚Leben‘ bedeuten. Frauen und das Leben sind fundamental verbunden. Wenn wir mit der Erforschung der ältesten Gesellschaftsformen beginnen, werden wir in vielen Kulturen der Welt Formen der Gemeinschaft finden, die nicht staatlich sind, sondern egalitär, eng mit der Natur verbunden, wo soziale Prinzipien der Mutterschaft eine zentrale Rolle spielen und wo Fürsorge und Reproduktion grundlegende Werte des Lebens sind. Diese Werte finden ihren Ausdruck in frühen Zeichnungen, dörflichen Formen des Zusammenlebens, Bestattungsweisen, Skulpturen und Figurinen, wie den Millionen von Muttergöttinnen-Figurinen, die nahezu überall auf der Welt gefunden wurden.

Wir müssen also sehen, dass Jin, Jiyan, Azadî eine historische Dimension hat, die wir erforschen, und der wir uns bewusstwerden müssen. Jin – Jiyan, Frau und Leben, erinnern uns an diese Wurzeln in der frauenzentrierten Gemeinschaft. Es ist unglaublich wichtig, unsere Geschichte zu kennen, unsere Perspektive zu erweitern und uns darüber bewusst zu sein, dass die Dinge nicht immer so waren wie heute. Die Erkenntnis, dass es viele andere Formen von Gesellschaft und Gemeinschaft gab und gibt, die sehr unterschiedlich von den kapitalistischen Staaten sind, die wir heute kennen, verleiht uns das Bewusstsein und das Wissen, dass eine andere Welt möglich ist.

Ich habe bereits erwähnt, dass Jin, die Frau, eine Identität ist, die im gesellschaftlichen Befreiungskampf an zentraler Stelle steht. Für Frauen bedeutet das, patriarchale Normen abzulehnen, und dabei ihre eigene Identität, ihre eigene Ästhetik und Vorgehensweisen zu finden, die weder die patriarchalen Normen der „klassischen guten Frau” reproduzieren noch den dominanten männlichen Stil nachahmen. Also es geht darum, selbst eine Kraft zu werden.

Die Jineolojî wird entwickelt, um patriarchale Konzepte von Wissen und Wissenschaft zu überwinden und um Wissen und Wissenschaft als Befreiung zu verstehen. Sie will dabei einen Beitrag leisten, um die Theorie des freien gemeinschaftlichen Lebens („Hevjiyana Azad”) zu verwirklichen und ein neues Verständnis von Beziehungen, Liebe und Freundschaft zu entwickeln, die durch den Befreiungskampf möglich werden. 

Wir müssen also fragen:

Was ist unsere Moral?

Wie können wir die tatsächlichen Werte der Frauenrevolution verteidigen?
Wie können wir in diesen Zeiten globaler politischer, ökologischer und sozialer Krise für Freiheit und Gerechtigkeit leben, arbeiten und kämpfen?

Tatsächlich leiten uns die Worte „Jin, Jiyan, Azadî“ zu den Antworten auf diese Fragen.”


5. Wie definiert ihr die Frau in der Jineologî?

„Die Lösung von Problemen ist eng damit verbunden, sie richtig zu definieren.
Der Unterschied zwischen einem problembehafteten Dasein und einem aufgeklärten Dasein besteht darin, im Jetzt etwas Positives aufzubauen. Es ist der Umstand, die erlebten Probleme in Lösungen zu verwandeln.“

Übersetztes Zitat von: Abdullah Öcalan: Ortadoğu’da Uygarlık Krizi – Demokratik Uygarlık Çözümü IV, 2015: S. 287. 

„Die meisten Definitionen des Frauseins sind solche, die das patriarchale System uns zugesprochen hat. 
Die Definition eines Wesens ist maßgeblich dafür da, dieses Wesen zu verstehen und die Probleme in seiner Umgebung zu lösen. Wenn unsere Definition nicht fundiert ist, wird auch der Weg, den wir zum Verständnis dieses Wesens und zur Lösung seiner Probleme wählen, von Anfang an falsch sein. Eine richtige Definition des Wesens wird uns der Wahrheit dieses Wesens näherbringen. Insbesondere wenn bezüglich dieses Wesens eine Wissenschaft entwickelt werden soll, ist eine fundierte Definition gleichbedeutend mit einer Basis. Wir können keine Wissenschaft über etwas machen, was keine Definition hat. Dies gilt auch für Jineolojî. Definitionen in der Jineolojî sind jedoch nicht starr. Wir können sie verändern, wenn sie nicht zur Freiheit führen. Aber ohne eine fundierte Definition von Jin, also der Frau, zu entwickeln, können wir auch keine fundierte Jineolojîentwickeln.” 

Was ist Jin?”, so fragen wir eigentlich auch „Was ist das Leben? Was ist die Gesellschaft?“

Um die Existenz der Frau richtig zu erkennen und zu definieren, ist es einer der grundlegendsten Ausgangspunkte der Jineolojî, die falschen Auffassungen und Darstellungen der Frau in der Mythologie, Religion, Philosophie und Wissenschaft umfassend zu analysieren, und dabei weit in die Geschichte und in die Zeit vor der Entstehung und Institutionalisierung des Patriarchats zu gehen. 

Das Frausein ist kein physisches, sondern ein gesellschaftliches Phänomen. Es ist die wesentlichste Aufgabe der Sozialwissenschaft, die Ursachen der Verzerrung dieses Phänomens aufzudecken. Das bedeutet, einen Schritt aus dem bisher patriarchal definierten Selbst und aus einer patriarchal definierten Welt heraus, hin zu einer neuen Welt des Seins und Werdens jenseits des patriarchalen Raums zu machen.”


6. Wie können wir als junge kurdische Frauen in der Diaspora Jineolojî praktizieren? 

„Jineolojî bringt uns auf eine Spurensuche. Auf die Suche nach uns selbst, danach wer wir jenseits von Unterdrückung sind, zu der Geschichte unserer Mütter, Großmütter und Muttergöttinnen, zu unseren Wurzeln. Wir suchen nach der Freiheit in diesen Erzählungen, um daraus neue Kraft zu schöpfen.

Junge Frauen erleben die Widersprüchlichkeit der patriarchalen Gesellschaftsform in seiner gröbsten Form in täglicher Weise. Die Jineolojî bietet eine fundamentale Grundlage für jede einzelne Frau, sich anhand ihrer Methoden und Analysen sowohl individuell als auch kollektiv aus den patriarchalen Strukturen zu befreien. Dies gelingt insbesondere, wenn dieses erlernte Wissen um das entpatriarchale „Selbst-sein“ nicht nur gefühlt, sondern auch gelebt wird. Junge Frauen haben die für die Transformation jeder unterdrückten Gesellschaft notwendige Entschlossenheit und Entschiedenheit. Der Prozess hin zur Integrierung der Utopie eines freien und befreiten Lebens erfordert ein tiefes Bewusstsein über die eigene Gefangenheit und Stärke in diesem Prozess.”

Viele gegenwärtige Erkenntnisse der Jineolojî gehen auf die bedeutende Vorreiterin Şehid Nagihan Akarsel zurück. Eines der signifikanten Projekte war die Eröffnung einer Frauenbibliothek in Başurê Kurdistanê (dt. „Sürdkurdistan“, im irakisch besetzten Gebiet). Am 04. Oktober 2022 wurde Nagihan Akarsel auf dem Weg zur Bibliothek in Silêmanî vor ihrem Wohnhaus erschossen. Sie wurde von elf Schüssen aus der Waffe eines Attentäters des türkischen Geheimdienstes MIT getroffen.

In Gedenken an Şehid Nagihan Akarsel folgt ein abschließendes Zitat von ihr:

Und nach dieser Einführung schmiegen wir uns sanft dem Wort „Jin“ (Frau) gegenüber, ein wenig schüchtern, ein wenig ängstlich. Wir behaupten, dass dieses Wort, das das Leben beschreibt, wie es auf dieser Welt wirklich ist, ohne in idealistische oder materialistische Interpretationen abzugleiten, das Wissen von Zeit und Raum in sich trägt. Denn es berührt die Hauptursache für die auf der Erdoberfläche gestörte Harmonie. Es zeigt uns, dass die Ausbeutung von Frauen und Leben dialektisch miteinander verbunden sind. Und dass diese Ausbeutung weder unabhängig von Zeit noch Raum ist. Basierend auf dieser Erkenntnis verorten wir die Wahrheit unserer spirituellen und intellektuellen Welt. Wir erschaffen eine Wissenschaft aus diesem Wort. Jineolojî ist ein magisches Wort, das uns diese Kraft gibt. Es speist sich von Jin. Es ist ein Wort, das uns erzählt, wer wir sind. Es zeigt uns den Standort der Worte, die wir nicht kennen, sowie der Worte, die wir kennen, aber verloren haben oder suchen. Da Jineolojî auf „jin“ (Frau) basiert, einer Stimme aus dem Herzen, sucht sie nach Erkenntnis und Methoden in der Textur des Bodens, in den Poren der Gesellschaft, in der Harmonie des Lebens. Und Schritt für Schritt definiert sich Jineolojî als Wissenschaft der Bedeutung durch Frauen, die ihre Stimme erheben, das Leben umarmen, sich auf die Gesellschaft verlassen, die Natur erforschen und das Universum verstehen. Von Mexiko bis Tunesien, von Chile bis Kurdistan, von den USA bis Argentinien erheben Frauen in allen Bereichen des Lebens ihre Stimme auf diesem Weg.