Vermittlung von Stereotypen und Vorurteilen in universitären Bereich
Kritisches Hinterfragen wird an der HU jetzt polizeilich unterbunden
Die
Kritik einer Gruppe Student_innen an Inhalten der Vorlesung bezog sich
darauf, dass in der Vorlesung rassistische und anderweitig
diskriminierende Teile aus Texten unkritisch gelehrt und sogar
verteidigt wurden. Kolonialrassistische Begriffe aus Texten wurden
wiederholt und dabei zwar als abwertend gekennzeichnet, aber nicht als
rassistisch kontextualisiert. Das gleiche galt für sexistische Inhalte
der Vorlesung, wie uns mitgeteilt wurde.
Daraufhin luden Student*innen kritische Texte auf die Online-Lernplattform Moodle hoch.
Der
Professor drohte daraufhin zunächst mit der "Plattmachung des Forums",
untersagte in der nächsten Vorlesung "zu kritische" Fragen und
verlangte, dass nur noch "Verständnisfragen" gestellt werden.
Im
Laufe des Semesters entstand eine längere Auseinandersetzung zwischen
Professor und kritischen Student_innen. Am Montag, den 10. Februar 2014
fand in der Vorlesung eine lautstarke Intervention statt, die mit einem
Polizeieinsatz endete.
"Es
ist unglaublich. Das kritische Hinterfragen von Texten und die
Auseinandersetzung mit Diskriminierung, gerade in den
Erziehungswissenschaften, sollten zentrale Bestandteile unseres
Studiums sein. Stattdessen aber wurde verboten, kritische Gedanken zu
äußern. Uns wurde unterstellt, ein drohendes Verhalten zu haben. Auch
unsere Emailadresse wurde offensichtlich gehackt und nun taucht die
Polizei in der Vorlesung auf", sagt eine der Protestierenden, die
ungenannt bleiben möchte.
"Die
Verortung und die geschichtlichen Umstände, in denen Autor_innen
gelebt haben, müssen benannt werden, um eine vielfältige
Auseinandersetzung mit ihnen und ihren Erkenntnissen zu ermöglichen.
Gerade weil diese Personen in ihren historischen und teilweise
problematischen Kontext eingebettet sind, können bestimmte Aussagen
dort nicht unreflektiert und unkritisch herausgelöst werden", sagt dazu
eine Teilnehmer_in der Vorlesung.
"Es
mutet wie eine Realsatire an, dass kritisches Hinterfragen von Texten
an der HU polizeilich unterbunden und durch einen Dozenten verboten
wird", sagte Elisa Weidenhammer, Referentin für Hochschulpolitik im
RefRat.
Eine Beschwerde liegt bereits der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vor.
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Bestimmte
geschichtliche Ereignisse können zur Tradierung und Normalisierung
bestimmter Stereotypen und Denkweisen führen, wenn diese unkritisch
innerhalb von Seminaren und Vorlesungen behandelt werden.
Weltweit anerkannte Philosoph_innen wie Hegel, Rousseau oder Kant verbreiteten aus einer eurozentristischen weißen Perspektive rassistische Ansichten - so seien die Bewohner_innen von
Afrika nicht reif genug für die Freiheit, daher wäre es notwendig, dass
sie von den Europäer_innen „erzogen“ werden (Ayim 1992: 35, vgl. ebd.
1997: 127).
Diese
Texte vermitteln [diffizile] Begriffe unreflektiert weiter; ebenfalls
werden in unkritischer Form historische Ereignisse widergegeben. Das ist
bedeutend für die Vermittlung von Normen, Identitäten und
Machtverhältnissen und für die weitere Bildung von Denkweisen (vgl.
Hornscheidt 2012).
Eine
unreflektierte Auseinandersetzung mit diesen Inhalten kann dazu führen,
dass Diskriminierungen und Rassismen als Normalität re_produziert
werden! Gleichzeitig macht ein Nichtbeschäftigen mit kritischem Wissen
andere Perspektiven unsichtbar.
Im
[universitären] Bildungsbereich sollte die Bildungs_politische
Ver_pflichtung wahrgenommen werden, rassifizierende Inhalte, Texte,
Sprach_handlungen, Normierungen etc. stets zu kritisieren und deren
Re_produktion zu verhindern.
Es
sollte von allen angehenden Akademiker*innen (insbesondere im
pädagogischen Bereich) verlangt werden, sich kritisch und aktiv mit
diesen Inhalten auseinanderzusetzen, anstatt sie durch Polizeieinsätze
zum Schweigen zu bringen.
Nichts
legitimiert Rassismen, nichts legitimiert die Kolonialgeschichte, denn
die Kolonialisierung unterstützte die Versklavung, Ausbeutung,
Unterdrückung, Misshandlung und Ermordung von Menschen (vgl. Fanon 1981:
32).
Referat für AntiRassismus
Referat für Hochschulpolitik
Referat für queer_feminismus
Referat für Lehre und Studium
Referat für Soziales
Referat für Ökologie und Umweltschutz
Referat für Studierende mit Kind(ern)
im Referent_innenRat (gesetzl. AStA) der HUB
Kontakt:
hopo@refrat.hu-berlin.de
adb@refrat.hu-berlin.de