Statement des Refrats
Wir möchten an dieser Stelle zunächst darauf hinweisen, dass beide Referent*innen bereits seit Juni dieses Jahres nicht mehr gewählt waren und das Amt nur noch kommissarisch bis zur ausstehenden Wahl einer Nachfolge ausgeübt haben.
Weiterhin möchten wir klarstellen, dass wir Antisemitismusvorwürfe gegen uns ernst nehmen und uns mit solchen Vorwürfen in internen Prozessen auseinandersetzen.
Allerdings weisen wir als Referent*innenRat die in der Rücktrittserklärung öffentlich gemachten spezifischen Vorwürfe gegen uns entschieden zurück. Wir hoffen, die von unseren ehemaligen Finanzreferent*innen aufgestellten Falschbehauptungen durch dieses Statement aufklären zu können.
Die öffentliche Eskalation am Montag ist das Ergebnis eines sich seit Monaten anstauenden Konflikts innerhalb des RefRats, in dem das Finanzreferat zum Schluss keine Mehrheiten mehr für sich gewinnen konnte. Trotz gespaltenen politischen Meinungen in einigen Bereichen, die uns als Struktur sowie auch gesamtgesellschaftlich nicht fremd sind, haben wir stets versucht, eine gute Arbeitsebene zu finden und bei unserer Arbeit einen Meinungspluralismus zu berücksichtigen. Dennoch sind für uns als studentische Stuktur einige Werte unabdingbar. Wir stellen uns klar gegen jede Diskriminierung, gegen Antisemitismus, gegen Rassismus, gegen Queerfeindlichkeit. Dazu gehört für uns auch, dass wir Betroffenheiten nicht gegeneinander ausspielen. Klar ist für uns ebenfalls, dass wir auch Studierendengruppen nicht gegeneinander ausspielen, sondern allen studentischen Gruppen, die nicht erkennbar diskriminierend sind, die nötige Infrastruktur zur Verfügung stellen, um sich an der Universität politisch auszuleben. Als Struktur der studentischen Selbstverwaltung werden wir uns, auch in Tradition erfolgreicher Studierendenbewegungen, immer dafür einsetzen Protest an der Universität zu ermöglichen. Deshalb ist es für uns selbstverständlich uns dagegen zu stellen, wenn unsere Studierenden auf dem Universitätsgelände von der Polizei verprügelt werden oder Teilnehmende einer Diskussionsveranstaltung mit dem Universitätspräsidium dafür strafrechtlich belangt werden sollen. Dass diese für uns grundlegenden Ansichten in den letzten Monaten von dem Finanzreferat mehr und mehr in Frage gestellt wurden, besorgt uns zutiefst. Wir werden uns als Struktur und als Menschen, die den politischen und persönlichen Anspruch haben, ein sicherer Ort und ansprechbar für alle von Diskriminierung betroffenen Studierenden zu sein, nicht dazu bewegen lassen, die Augen vor der Betroffenheit einzelner marginalisierter Gruppen zu verschließen. Es ist dieser Anspruch, der uns nicht nur in den letzten Monaten in unserer Arbeit geleitet hat. Dass auch wir in einer von diversen komplexen Faktoren geprägten Lage nicht immer die richtigen Worte finden, ist menschlich, wir sind dennoch oder auch deshalb enttäuscht, dass sich das Finanzreferat in den letzten Monaten immer mehr gegen den offenen und vertrauensvollen Austausch entschieden hat. Diese Diskursverschiebung in die Öffentlichkeit ist für uns dennoch ein neuer Tiefpunkt. Wir haben uns entschieden diesem mit voller Transparenz entgegenzutreten. Im Einzelnen:
Es ist korrekt, dass wir im Februar 2024 ein Statement gegen die Wiedereinführung des Ordnungsrechts veröffentlicht haben, die darin formulierten Forderungen und Befürchtungen vertreten wir auch heute noch. Wie alle von uns veröffentlichten Stellungnahmen ging der Veröffentlichung eine lange und konstruktive Debatte voraus, es war dabei aber völlig unstrittig, dass der Angriff auf Lahav Shapira als Ausgangspunkt dieser Debatte in dem Statement Erwähnung findet.
Im Rahmen der Arbeit gegen das Ordnungsrecht haben wir uns auch kurzzeitig mit der Gruppe "handsoffstudentrights" vernetzt und waren auf einigen Plena präsent. Auf Grund der Mitarbeit von diversen Gruppen, mit denen wir auf Grund eines Unvereinbarkeitsbeschlusses nicht zusammenarbeiten dürfen, haben wir uns aus dieser Arbeit zurückgezogen und uns darauf beschränkt der Gruppe mit der gleichen Infrastruktur zur Seite zu stehen, die wir allen studentischen Gruppen und Initiativen, die nicht erkennbar diskriminierend sind, zur Verfügung stellen.
So wie Statements werden auch viele Raumanträge von uns im Plenum besprochen, wobei es gewisse Vorgaben gibt, an die wir uns halten müssen, so beispielsweise, dass wir Räume nur an studentische Gruppen der HU vergeben dürfen. Bei der laut ehemaligem Finanzreferat von uns am 27. Februar verhinderten Veranstaltung zu Antisemitismus handelte es sich allerdings um eine HU-externe Gruppe, für die wir - unabhängig vom Inhalt der Veranstaltung - gar keine Räume vergeben dürfen. Wir haben die betroffene Gruppe stattdessen an das Veranstaltungsmangement der Universität verwiesen. An die Veranstaltung zum 15. März, an die wir aus Sicht des ehemaligen Finanzreferat keine Räume hätten vergeben dürfen, haben wir die gleichen Maßstäbe angelegt, die wir immer für Raumanträge nutzen: die Veranstaltung war in ihrer Beschreibung nicht erkennbar diskriminierend, nicht kommerziell und es handelte sich um eine Studi-Gruppe.
Auch die Vorwürfe bezüglich der Besetzung des Instituts für Sozialwissenschaften im Mai sowie dem Sit-In im Ehrenhof sind für uns unverständlich. Besonders deshalb, weil Teile des Finanzreferats in ihrer Rolle als Referent*innen bei beiden Ereignissen zugegen waren. Eine Vermittlung zwischen Studierenden und Universität ist zentrale Aufgabe von uns als Studierendenvertretung. Aus unserer Vermittler*innenrolle bei der Besetzung haben wir uns am zweiten Tag wegen des offensichtlichen Antisemitismus von Teilen der Besetzung ausgehend zurückgezogen. Unsere Rolle haben wir aber dennoch weiterhin darin gesehen, die Besetzung als Studierendenvertretung kritisch zu begleiten und zu beobachten. Dafür sind am Nachmittag des zweiten Tages Referent*innen gemeinsam mit dem Universitätspräsidium in das Institutsgebäude gegangen, allerdings zu jedem Zeitpunkt klar in der Rolle als Referent*innen, die u.a. durch eine räumliche Trennung in der Sitzordnung während der Diskussionsveranstaltung vor der Räumung verdeutlicht wurde. Dass Referent*innen, denen nun auf Grund ihres Eintretens für Studierende und ihren dazu vorgenommenen Handlungen im Austausch mit dem Präsidium, Strafverfahren drohen, hierfür Rechtsschutz gewährt werden sollte, steht für uns außer Frage.
Die Behauptung, der RefRat hätte den Einstellungsprozess für die Beratungsstelle abgebrochen oder verhindern wollen, ist inkorrekt. Das Einstellungsverfahren hat begonnen und es wurden bereits einige Bewerbungsgespräche geführt.
Im RefRat haben wir sehr klare Regelungen, wie wir von uns ausgeschriebene Stellen besetzen. Erstmalig wurde die Einrichtung einer Beratungsstelle für Antisemtismus im SSBS vom 28. Studierendenparlament in der Sitzung vom 02.12.2020 beschlossen (TOP 5.3). Eine Einrichtung dieser Stelle ist aus diversen Gründen gescheitert. Auch weil die Stelle in den folgenden Jahren nie im Haushaltsplan veranschlagt wurde - in den letzten zwei Jahren durch das jetzt zurückgetretene Referat für Finanzen - hat sich der weitere Umsetzungsprozess bis jetzt verzögert. Wir haben vor einigen Monaten den in unserer Sitzung einstimmig angenommenen Beschluss getroffen den 2020er Beschluss des StuPa zu erneuern und eine Antisemitismusberatungsstelle für die Studierendenschaft der HU einzurichten. Wie in der gesamten Bundesrepublik ist auch das Antisemitismusproblem an der HU in den letzten Monaten größer geworden. Um auf diese Entwicklung zu reagieren, hat es der gesamte Referent*innenRat für wichtiger denn je gehalten, die schon lange geplante Antisemitismusberatungsstelle endlich einzurichten, um so eine Anlaufstelle für Studierende von Studierenden zu schaffen.
Es wurde schnell deutlich, dass das Finanzreferat, im Gegensatz zu den klar geregelten Prozessen, diese Stelle im Alleingang konzipieren und umsetzen wollte. So bestanden sie darauf, den Antrag trotz Plenumsbeschluss im Studierenparlament nicht im Namen des RefRats, sondern nur im Namen des Finanzreferats einzubringen. Die Umsetzung und Einrichtung einer Stelle ist jedoch nur durch einen Beschluss durch den gesamten RefRat möglich. Das Finanzreferat hat den RefRat jedoch nicht in den weiteren Bewerbungs- und Einstellungsprozess involviert. Vor zwei Wochen wurden wir dann vor vollendete Tatsachen gestellt: Schon am nächsten Tag sollten Bewerbungsgespräche für die Antisemitismusberatungsstelle stattfinden, koordiniert und durchgeführt ausschließlich vom Finanzreferat. Uns wurde auf Nachfrage zwar bestätigt, dass Kontakt zu jüdischen Studierenden aufgenommen wurde, Details über deren Einbeziehung, sowie weitere Informationen zum geplanten Einstellungsprozess wurden uns jedoch verweigert.
Seit vielen Jahren und bei bisher allen anderen Stellen praktizierte gängige Praxis ist es, über Einstellungsverfahren sowie die Ausgestaltung einer neuen Stelle in unseren Sitzungen zu sprechen und eine Einstellungskommission mit verschiedenen fachlich entsprechend spezialisierten Referaten vom RefRat und Berater*innen zu besetzen und hierzu einen gemeinsamen Beschluss zu fassen.
Da all diese formalen Schritte im Einstellungsverfahren ignoriert wurden und uns jegliche Informationen, anhand derer wir die Einstellungsentscheidung des Finanzreferats hätten nachvollziehen können, verwehrt wurden, haben wir keinen anderen Weg gesehen, als die Bewerbungsgespräche zu verschieben und unter Einbeziehung des gesamten RefRats nochmal neu zu terminieren, um ein Verfahren nach gängiger Praxis abzuhalten. Dazu stehen wir im Kontakt zu verschiedenen jüdischen Studierendengruppen und im Austausch mit unserem Studentischen Sozialberatungssystem, welches bis dahin scheinbar noch gar nicht vom Finanzreferat über diese neue Beratungsstelle informiert wurde. Wir befinden uns nun - keine zwei Wochen später - aber mitten im Einstellungsverfahren und haben heute die ersten Bewerbungsgespräche geführt, weitere Bewerbungsgespräche folgen im Verlauf der Woche.
Wir bedauern, dass sich das Verfahren durch vermeidbare formale Fehler verzögert hat, freuen uns allerdings, die Stelle nun zeitnah besetzen zu können und so ein wichtiges Beratungsangebot zu schaffen sowie eine Leerstelle innerhalb unserer Struktur mit Expertise zu füllen.
Wir sind schockiert darüber, dass interne Konflikte des Referent*innenRats nun öffentlich ausgetragen werden.
Wir sind enttäuscht, dass wir vor der Veröffentlichung der Narrative des Finanzreferats weder von Medien um eine Gegendarstellung gebeten wurden, noch von scheinbar in den Rücktritt involvierten Studierendengruppen auf Gesprächsangebote unsererseits eingegangen wurde.
Für uns startet jetzt ein Aufarbeitungsprozess, um die für viele Studierenden essentiellen und durch diese unsolidarische und für uns wenig nachvollziehbare Aktion nachhaltig gefährdeten Strukturen der Studierendenschaft, wie das Studentische Sozialberatungssystem, den Kinderladen, aber auch die Einrichtung der Beratungsstelle Antisemitismus auch weiterhin gewährleisten zu können.
Wir hoffen mit dieser ausführlichen Stellungnahme einige Unsicherheiten aus dem Weg geräumt zu haben und laden alle Studierenden und Universitätsmitglieder ein, an diesem Prozess teilzuhaben.
Wir werden auch weiter für alle Studierenden dieser Universität eintreten und bleiben eine allen von Diskriminierung Betroffenen in Solidarität verbundene Struktur.
Solidarische Grüße
Euer RefRat